Marie Bierstedt
Ein Interview von Detlef Kurtz
geführt am 01. Oktober 2008
HörNews: Wir sind hier bei HörNews.de und auf der anderen Leitung ist Marie Bierstedt. Marie Bierstedt kennt ihr wahrscheinlich als Stimme von Kirsten Dunst aus Spider-Man. Im Hörspielbereich ist sie Stella Stellini und ganz aktuell Anne Shirley. Hallo Marie!
Bierstedt: Ja, hallo!
HörNews: Hörst du auch selber Hörspiele oder Ähnliches?
Bierstedt: Eigentlich muss ich gestehen, dass ich selber gar nicht unbedingt Hörspiele höre. Meine ältere Tochter wird jetzt acht und sie hört natürlich ganz viele Hörspiele - dadurch erlebe ich das jetzt noch mal ein bisschen neu. Damals als ich selbst in dem Alter war habe ich eher Bücher gelesen.
HörNews: Hast du irgendeine Lieblingsspeise?
Bierstedt: Ich esse sehr gerne Möhreneintopf.
HörNews: Wolltest du schon immer Schauspielerin werden?
Bierstedt: Eigentlich nicht. Ich kann mich erinnern, dass ich irgendwann mal die Idee hatte, Schriftstellerin zu werden. Ich habe allerdings nie auch nur das Geringste dafür getan - das hat sich dann so verflüchtigt, glaube ich. Zum Synchron bin ich gekommen, weil mein Vater auch Schauspieler und Synchronsprecher ist und dann habe ich nach einer Weile gemerkt, dass mir das Spaß macht und dann bin ich dabei geblieben.
HörNews: Da gab's jetzt zwischendurch eine Pause. Wie kam die Pause zustande? Keine Lust mehr gehabt?
Bierstedt: Ich habe glaube ich mit 11 angefangen zu synchronisieren und irgendwann waren dann einfach andere Dinge wie Jungs oder auch Schule wichtiger, interessanter… Da habe ich dann einfach ein bisschen aufgehört, das hat sich so ergeben.
HörNews: Hattest du vorher irgendeinen Traumberuf? Sprecher kam ja eher durch Zufall dazu, richtig?
Bierstedt: Das stimmt. Ich hatte keinen Traumberuf, ich war eher planlos.
HörNews: Wenn du synchronisiert, wie genau läuft das ab? Man sieht immer erst das Original und dann synchronisiert man das. Ist das nicht irgendwie langatmig?
Bierstedt: Langatmig, finde ich, wird‘s überhaupt nicht. Das Schöne ist, dass man immer nur ganz kurze Sequenzen sieht und dabei viele Details bemerkt, die einem sonst, wenn man den Film ganz normal im Kino oder Fernsehen sieht, oft verloren gehen. Außerdem bin ich ja auch nicht alleine: Ich habe den Regisseur, ich habe unter Umständen andere Sprecher, die mit mir zusammen im Atelier sind. Da vergeht die Zeit eigentlich total schnell. Man ist ja immer im Dialog mit irgendjemandem.
HörNews: Synchron, Hörspiel oder Lesungen: Was ist für dich schwieriger? Gibt's da irgendwelche Unterschiede?
Bierstedt: Kurz und knackig: Wenn die Schauspielerin im Original richtig gut ist, dann ist Synchronisieren das Einfachste und wenn sie richtig schlecht ist, dann ist es das Schwierigste. Im Hörspiel-Beispiel ist man eher auf sich alleine gestellt und muss dann alles aus seiner eigenen Fantasie kramen.
HörNews: in Offenbarung 23 sprichst du ja auch eine der Hauptrollen. Was hältst du persönlich von Verschwörungstheorien oder von der Serie?
Bierstedt: Ich finde das manchmal sehr spannend, aber ich beschäftige mich privat damit eigentlich gar nicht. Wenn mir jemand eine erzählt, dann denke ich „Ach ja, ist ja komisch?“, aber dann begleitet mich das auch nicht länger.
HörNews: Dann kommen wir zu der Hauptrolle, die du jetzt wunderbar ausfüllst: Die Anne bei Titania Medien.
Du hast ganz zu Anfang mal gesagt, dass du Bedenken hattest, die Rolle anzunehmen, weil sie sehr jung ist. Aber gleichzeitig bist du ja auch die Stella. Die ist auch sehr jung. Wo liegt der Unterschied?
Bierstedt: Der Unterschied liegt darin, dass ich bei Stella vorher schon wusste, wie alt die anderen Sprecher sind. Die Sprecherin von Otto ist ja auch nicht mehr die Jüngste – insofern hatte ich da keine Bedenken, dass das nicht zusammenpassen könnte. Bei Anne wusste ich ja nicht genau, wie diese Hörspielserie dann am Ende aufgebaut sein wird, wie die anderen Figuren sind und so. Ich habe damals die Anfrage von Marc bekommen und dachte: „Huch, das ist ja schwierig“.
HörNews: In der ersten Staffel gibt es eine unglaublich herzzerreißende Szene, wo der Ziehvater stirbt. Das war eine sehr anstrengende Szene. Geht der Puls bei so einer Szene auch mit hoch?
Bierstedt: Definitiv! Wenn das nicht passiert, dann hat man auch immer ein ungutes Gefühl, weil man denkt: „Das hat jetzt nicht wirklich funktioniert“. Man hat sich nicht richtig in die Figur hineinversetzt. Aber ich muss sagen, dass mir die Charaktere bei Anne sehr ans Herz gewachsen sind nach so vielen Folgen, das war dann schon sehr emotional.
HörNews: Gibt es mit Anne irgendwelche Gemeinsamkeiten? Irgendetwas, was dich mit ihr verbindet?
Bierstedt: Ne, eigentlich nicht. Vielleicht trage ich und tragen auch viele andere Leute in sich den Wunsch, mal anders zu sein als Andere und sich zu trauen immer das zu sagen, was man denkt. Das tut sie ja gerne, worunter sie aber manchmal auch leidet. Aber so bin ich nicht wirklich.
HörNews: Die Aufnahmen wurden ja einzeln aufgenommen. Begegnet man trotzdem den Sprechern? Gab es da vielleicht doch ein oder zwei gemeinsame Szenen?
Bierstedt: Ne, bei dieser Serie ist es so, dass jeder einzeln aufgenommen wird. Ich habe noch nie einen von den Anderen getroffen.
HörNews: Und bei Benjamin Blümchen wird’s genauso gemacht inzwischen?
Bierstedt: Ne, da sind immer noch alle – bis auf die ganz kleinen Rollen - versammelt. Wir sind oft zu viert, zu fünft und stehen dann da um das Mikrofon herum und machen alles gemeinsam. Da wird dann erst geprobt und dann gibt's halt ein, zwei, manchmal drei Durchläufe, wo es dann aufgenommen wird.
HörNews: An was arbeitest du denn gerade?
Bierstedt: Im Moment pausiere ich eigentlich, weil ich vor vier Wochen meine dritte Tochter bekommen habe und deshalb arbeite ich gerade an nichts.
HörNews: Hast du noch ein paar letzte Worte an die Hörer? Was möchtest du deinen Fans gerne sagen?
Bierstedt: Hört mir weiter zu, seid mir wohlgesonnen! Um es mal ein bisschen ernsthafter zu machen würde ich aber gerne eine Bitte aussprechen: Hört bitte weiterhin aufmerksam zu. Ich habe manchmal das Gefühl, dass es bei einigen Firmen und einigen Sendern das Vorurteil gibt, dass viele Hörer den Unterschied zwischen einer guten Synchronisation mit viel Liebe und einer Schlechten nicht merken. Dasselbe gilt auch für Hörspiele. Ich bin mir sicher, dass der Hörer die Unterschiede bemerkt und auch quittiert. Mein Wunsch ist, dass die Leute da auch weiterhin drauf achten und Produktionen, die lieblos und schnell dahin gewerkelt wurden auch bemängeln.
Das führt für uns Schauspieler im Endeffekt dazu, dass unsere Arbeit anspruchsvoller wird. Je mehr auf Qualität geachtet wird, desto mehr Spaß haben wir an unserer Arbeit.
HörNews: Dann sage ich Dankeschön und bis demnächst.
Bierstedt: Ja, tschüss!