Frank Gustavus
Ein Interview von Detlef Kurtz
geführt am 09. Oktober 2005
HörNews: Frank, eine Menge Fans kennen dich, aber mit Sicherheit nicht alle! Erzähl mal ...wie war das nochmal mit "Ripper Records"? Warum und wann wurde das Label gegründet?
Gustavus: Das Label wurde im Frühjahr 2001 gegründet, weil ich gern die Hörspiele machen wollte, die ich selbst gern im Laden gekauft hätte (kaufen würde), die es aber nicht gab – Hörspiele für Leute, die aus den Europa-und-Co.-Stiefeln rausgewachsen sind.
HörNews: Welche Hörspielserien und / oder Hörspiele kennst du persönlich?
Gustavus: An Serien so ziemlich alle, die bis ´82 produziert wurden. Bei der Neon-Gruselserie bin ich dann ausgestiegen – war mir zu gruselig! Somit sind z.B. Larry Brent, Macabros und Co. an mir vorbeigegangen. Die gänigen Serien ab dem Jahr 2000 sind mir dann wieder geläufig. Die mir bekannten Einzelhörspiele aufzuführen, würde zu weit führen, es sind zu viele!
HörNews: Schielst du nach den Kollegen, um zu sehen wie sich der HSP-Markt entwickelt?
Gustavus: Natürlich gucke ich hin und wieder, was die anderen so machen. Und es bietet sich stets das gleiche Bild: Horror/Grusel- oder Mysterygeschichten sind angesagt.
HörNews: Welches Genre hast du bisher nicht gemacht, aber brennt dir unter den Nägeln?
Gustavus: Ein Western
HörNews: Wieso ausgrechnet einen Western? Und wenn, würdest du eine Geschichte schreiben, oder doch lieber einen Klassiker vertonen? Karl May?
Gustavus: Ich würde wahrscheinlich eine eigene Geschichte schreiben – basierend auf historischen Ereignissen.
HörNews: Klaus Sonnenschein ist die Synchronstimme Bob Hoskins, dieser hat in einer TV-Version von "Die vergessene Welt" mitgespielt. Zufall? Oder beabsichtigte Besetzung?!
Gustavus: Zufall! Ich hatte Klaus Sonnenschein schon als Wunschbesetzung für die Rolle des Professor Challenger auf der Liste, als ich den TV-Film noch gar nicht kannte. Als ich ihn dann im Film als Hoskins/Challenger hörte, war ich hoch amüsiert und gleichzeitig war klar, daß die Frage nach der „Gleichbesetzung“ irgendwann kommen würde.
HörNews: Wann begann die Arbeit an "Die vergessene Welt"?
Gustavus: Das Skript habe ich im Winter 2004 geschrieben, gleichzeitig liefen die Entwürfe für Coverillustration und Booklet. Die Besetzung hat im Februar 2005 stattgefunden, die Berlin-Sprachaufnahmen sind im April über die Bühne gegangen und Peter Weis als Erzähler haben wir im Mai in Hamburg aufgenommen. Währenddessen habe ich die komplette Sprache geschnitten und an Geräuschemacher und Komponist weitergeleitet, die dann ihre Arbeit verrichteten. Im Juli und August wurde „Die vergessene Welt“ in Hamburg gemischt.
HörNews: Wie lange dauerten Lizenzverhandlungen / Rechteabklärung?
Gustavus: Lizenzverhandlungen gab es nicht, da ich „The Lost World“ neu aus dem Englischen übersetzt habe, aber bezüglich der Autorenrechte gab es einige Schreckensmomente. Die Witwe eines Film-Regisseurs, der irgendwann in den 50ern einige Holmes-Adaptionen gedreht hatte, beanspruchte die Conan Doyle-Vermarktungsrechte weltweit für sich, unterlag aber per Gerichtsurteil Dame Jean Conan Doyle, der Tochter des „Lost World-“ und „Sherlock Holmes“-Erfinders, die die alleinige Rechtsinhaberin ist. Wie mir ihr Washingtoner Advokat mitteilte, sind einige Conan Doyle-Stoffe in den USA weiterhin geschützt, in Europa allerdings frei zugänglich – vorausgesetzt, man übersetzt sie neu. Das ganze Hin und Her hat einige Wochen gedauert, da war das Skript allerdings schon so gut wie fertig.
HörNews: Waren alle Wunschkandidaten von Anfang an mit dabei, oder mußten Kompromisse geschlossen werden?
Gustavus: Nein, alle Sprecher waren sofort mit an Bord.
HörNews: Du nimmst sehr viel in der Gruppe, wie früher beim guten alten Radiohörspiel, auf. Warum? X-en (Einzeln aufnehmen und zusammenschneiden) ist modern und einfacher, sagen einige deiner Kollegen!
Gustavus: Natürlich ist es einfacher, aber wenn die Sprecher im Ensemble spielen, bekommt man Zwischentöne, die beim X-en wegfallen. Die Sprecher können sich gegenseitig ins Wort fallen, man hört das Atmen des einen unter der Sprache des anderen. Es ist viel lebendiger!
HörNews: Wie teilst du dir die Zeit ein? Hast du einen festen Zeitplan für die Produktion, oder wird schön eins nach dem anderen abgearbeitet?
Gustavus: Zuerst wird das Buch geschrieben, dann werden die Sprecher besetzt und das Studio gebucht. Nach den Aufnahmen kommen Schnitt, Musik und Geräusche an die Reihe. Diese Arbeit kann man nicht auf den Tag genau planen. Für die Mischung gibt es dann wieder einen festen Studiotermin.
HörNews: Wie läuft ein Aufnahmetag ab? Nüchterne Aufnahmearbeiten, oder wird sich anschließend mit der Besetzung unterhalten und Käffchen oder Tee getrunken?
Gustavus: Wenn die Sprecher kommen, gibt es erst mal Kaffee und es wird ein wenig gequatscht. Dann werden, falls erforderlich, noch einzelne Rollen durchgesprochen und es geht ans Aufnehmen. Zwischendurch werden Pausen gemacht, in denen sich natürlich ebenfalls unterhalten wird. Der eine Sprecher geht, der andere kommt – es ist immer ganz schön was los. Wenn die Aufnahmen beendet sind, wird abermals geplauscht und dann ist der Spuk auch beizeiten vorbei.
HörNews: Werden die kommenden "Challanger-Abenteuer" wirklich Lesungen, oder gibt es eine Chance, dass auch daraus Hörspiele entstehen?
Gustavus: Es werden definitiv Lesungen. Wann sie erscheinen, steht noch nicht fest.
HörNews: Welches Hörspielprojekt steht als nächstes an?
Gustavus: Es gibt ein paar Ideen, trotzdem werden weiterhin Stoffe gesichtet. Mit anderen Worten: Alles ist möglich!
HörNews: ...und last but not least: Die letzten Worte an die Fans?
Gustavus: Reist in Scharen in „Die vergessene Welt“, und seid versichert: Die Hörsaalszenen sind keineswegs in die Hose gegangen – so klingt nun mal ein Hörsaal! :-) ** Wir hören uns.